Berlin -> Delhi 14.-16.08.2010

Ab Berlin starteten Kerstin und Lothar mit Aeroflot über Moskau nach Delhi -  einen Tag nach Axel, der von Frankfurt a. M. anreiste. Aeroflot war die Fluggesellschaft mit den günstigsten Angeboten. Pro Person Hin und Rückflug 452.28 Euro ab Berlin. Die Preise schwankten und gingen in die Höhe, je näher der Reisetermin kam. Da wir jedoch einen Reisepass neu beantragen mussten, hat sich die Online-Buchung hinausgezögert. Aeroflot ist gesetzlich verpflichtet, bei ausländischen Fluggästen die Daten des Reisepasses mit zu erfassen. So haben wir erst am 20.03.2010 ab Berlin buchen können.
Kerstin und Lothar landeten kurz nach Mitternacht auf dem internationalen Flughafen Indira Gandhi. Alles war bisher ok. Der Zustand der Aeroflot-Flugzeuge und auch der Service inklusive Essen. Aber Lothars großer Rucksack mit 90 % seiner Sachen kam nicht bis zur Gepäckausgabe. So ging es auch anderen Reisenden des Fluges. Also hin zum Flughafenschalter für Reklamationen verlustig gegangener Gepäckstücke, den schon einige Reisende umlagerten. Darunter auch solche, die nach Leh weiter fliegen wollten. Auf die Frage, wieso sie in ein Katastrophengebiet reisen, antwortete die Gruppe Holländerinnen, sie hätten dort Bekannte. Diese hätten ihnen nicht von der Reise nach Leh abgeraten.
Nachdem die über eine Stunde sich hinziehende Reklamationsprozedur absolviert war, ging es zu den Geldautomaten in der Flughafenvorhalle. Hier gab es die nächsten Schwierigkeiten. Trotz freundlicher indischer Unterstützung waren alle Automaten nicht bereit, die geforderte Summe Rupies herauszurücken. Den -trotz früher Stunde- geöffneten Wechselschalter nahmen wir nicht in Anspruch, da wir unsere Euros und Traveler Checks als Notfallreserve behalten wollten. Weil es in Indien verboten ist, Rupies einzuführen, konnten wir uns nicht vorher mit Rupies versorgen.

Nun mit den wenigen gezogenen Rupies weiter zum Prepaid Taxi Schalter in der Vorhalle. Dort bekamen wir für den hohen Preis von 390 Rupies einen Fahrschein in den Stadtteil Pahar Ganj. Einige Reiseführer empfehlen Prepaid-Taxis ab dem Flughafen, da man so Preisverhandlungen entgeht, die man unbedingt vor dem Antritt der Fahrt führen muss.

In Pahar Ganj kommen wir in den frühen Morgenstunden vor Anbruch der Dämmerung an. Dort wollten wir uns im Hotel Anoop, an der Main Bazar Road gelegen, treffen. Auf der Main Bazar Road angekommen, hat es den Anschein, als sei sie kurz vorher von einem Erdbeben erschüttert worden. An allen Gebäuden fehlten die Vorderfronten und Schutt lag auf der Straße, der trotz der nachtschlafenden Stunde von Arbeitern weggeräumt wurde. Das Ganze war jedoch das Produkt gezielter Abbruchmaßnahmen, die zur Straßenverbreiterung durchgeführt worden sind.

Im Anoop wartete die Nachricht von Axel, dass er wegen Überfüllung im benachbarten Hare Krishna Guesthouse abgestiegen war. Auch bei diesem fehlte die Vorderfront. Wir bekamen ein Doppelzimmer mit Aircondition für 800 Rupies.
Dies war für indische Verhältnisse einigermaßen sauber. Allerdings war die Bettwäsche nicht ganz frisch, so dass wir unsere mitgebrachten Bettlaken benutzten.

Am nächsten Morgen überlegten wir zu dritt, wie man am besten die Zeit bis zum hoffentlich baldigen Eintreffen meines Gepäcks verbringen könnte und was man machen kann, wenn es nicht kommt. Das Kaufen von bergtauglicher Ausrüstung ist selbst in der Hauptstadt Delhi nicht so einfach, vor allem wegen der eher mäßigen Qualität.

In Delhi zu warten, sollte bei entsprechenden Interessen nicht zu Langeweile führen. Die Stadt ist sehr bunt und hat viele kulturell interessante Seiten. Doch das derzeitige Monsun-Klima (hohe Luftfeuchtigkeit, immer wieder starke Regenfälle, Temperaturen über 30° am Tag) ließen uns auf das baldige Eintreffen des Gepäcks hoffen und nach dem kühleren Klima im Himalaya sehnen. Erschwerend kamen der Schmutz, der Lärm, der starke Verkehr und die vielen Menschen hinzu. Der exponentielle Anstieg der indischen Bevölkerung ist besonders in den Städten zu spüren, da es auch in Indien Landflucht gibt.






































Neben dem starken Verkehr behinderten auch die umfangreichen Straßenbauarbeiten, welche im Vorfeld der 19.Common Wealth Games zur Stadtverschönerung angestrengt wurden. Es sollte Indiens bisher größtes Sportereignis werden.






















































Bevor uns ein starker Mosunregen erwischte, gelang es uns, den hinduistischen Tempel Lakshmi Narayan Mandir zu erreichen. Der Hinduismus ist die führende Religion hierzulande. Indien ist sozusagen, das Stammland des Hinduismus. Rund 80% aller Inder sind Hindus und das, obwohl Indien 1526 bis 1858 während der Zeit des Mogulreiches von islamischen Herrschern regiert wurde und Teile des heutigen Indiens und Pakistans schon vor 1526 unter islamischen Einfluss gekommen sind. Hierbei muss man jedoch berücksichtigen, dass, nachdem 1947 die Briten das Land verlassen haben, die ehemalige Kolonie Britisch-Indien in die Staaten Indien und das islamische Pakistan aufgeteilt wurde. Damit hatten sich führende islamische Kräfte in der ehemaligen britischen Kolonie durchgesetzt. Die Teilung führte zu einer dramatischen Vertreibungs- und Fluchtbewegung. Ungefähr 10 Millionen Hindus und Sikhs wurden aus Pakistan vertrieben, etwa 7 Millionen Muslime aus Indien. 750.000 bis eine Million Menschen sollen dabei getötet oder auf der Flucht gestorben sein. Beide Staaten führen von Anfang an -mit Unterbrechungen- Krieg. Grund sind u.a. die westlichen Teile des indischen Bundeststaates Jammu und Kashmir, in dem überwiegend Muslims leben. Es gibt dort separatistische Muslims, die die Ablösung Kashmirs von Indien fordern. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen mit indischen Sicherheitskräften, bei denen auch Menschen sterben.

Der Tempel Lakshmi Narayan Mandir ist den Gottheiten Lakshmi und ihrem Mann Narayan -auch Vishnu genannt- geweiht. Lakshmi ist die Göttin des Glücks und der Schönheit. Sie ist Spenderin von Reichtum und geistigem Wohlbefinden, von Harmonie, von Fülle und Überfluss. Außerdem ist sie die Beschützerin der Pflanzen. Narayan hat nicht so viele Eigenschaften dafür aber eine fundamentalere Bedeutung als göttliche Form der Erhaltung.
Der Tempel wird auch Birla Mandir, nach der sehr reichen indischen Birla Familie, genannt. Diese Familie hat auch an anderen Orten in Indien sakrale Bauten errichten lassen oder investiert in deren Pflege. Die heutige Tempelanlage haben die Birlas auf dem Areal eines alten Tempels in den dreißiger Jahren errichten lassen. Die ersten Tempelbauten auf dem Gelände begannen 1622.

Für in einer christlichen Welt geprägten Menschen fand ich es besonders, dass in Vorderfront des Tempels Verkaufsläden integriert sind, wie der Imbiss auf dem Foto und dass es im Tempel einen Schrein geben soll, der Buddha gewidmet ist.
Beides wäre bei einer christlichen Kirche unmöglich und zeigt eine andere Form der Toleranz.

Speziell für deutsche Augen auffällig sind die vielen Swastiska-Symbole (Sanskrit Glücksbringer) im und am Tempelbau. Anders als bei den Nazis steht dieses Symbol bei den Hindus für Sonnenaufgang, Tag, Heil, Leben und das männliche Prinzip.


























































Am nördlichen Durchgang zum Tempelgarten befindet sich die auf dem Foto zu sehende Reliefskulptur aus rotem Sandstein. Sie stellt Bhairava, die böse Seite Shivas dar. Shiva ist eine zentrale Gottheit des Hinduismus. Wie es bei hinduistischen Gottheiten oft üblich ist, haben sie mehrere Namen, die verschiedene Avatare oder Manifestationen bezeichnen. Diese sind mit verschiedenen Charakteren und äußerlichen Attributen ausgestattet.
Bhairava trägt in der linken oberen Hand einen Dreizack und in der rechten oberen eine Handtrommel. Dies sind Attribute Shivas. In der unteren linken Hand ist ein Dolch zu sehen. Hinter der linken Schulter ragt das Ende eines mit Totenköpfen verzierten Stabes hervor und die rechte untere Hand hält eine Schale, die aus einem Schädel gemacht sein soll. Neben der Totenkopfkette und dem Sitz aus Totenköpfen, sind dies Attribute Bhairavas.
Bei genauerem Hinsehen kann man entdecken, dass der Sandstein besonders am Mund, der Schale und den Füssen abgespeckt ist. Diese Stellen werden von Gläubigen wiederholt berührt.


























Anschließend besuchten wir das Tourismus-Büro von Himachal Pradesh, um unsere dürftige Informationslage aufzubessern. Aber dort gab es nur Broschüren von zu teuren Hotels, von ein paar leichten geführten Touren, vermischt mit ein bisschen oberflächlicher Landeskunde. Wanderkarten, Informationen über Bergtouren oder den aktuellen Zustand von Treckingrouten waren nicht vorhanden.


Delhi Sonntag 15.08.2010
An diesem Tag gingen wir in den Lodi-Garten. Der Lodi-Garten ist ein Park im Stadtteil Jor Bagh, welcher südlich vom Connaught Places liegt. An den Park grenzt eine ruhige und reiche Wohngegend, welche stark zu dem wuseligen Pahar Ganj kontrastiert. Von den Slums Delhis ganz zu schweigen. Selbst auf der Luftaufnahme kann man den Reichtum der Parkanrainer erahnen, lenkt man seine Aufmerksamkeit auf die Swimmingpools, die man von der Straße aus nicht sehen kann.














































Der Park ist benannt nach der letzten Herrscher-Dynastie des Sultanats Delhi, die 1526 durch die Truppen des Timuriden Babur besiegt wurde. Babur war der Begründer des Mogulreiches. Das Gelände beherbergt Mausoleen, eine Moschee der Lodi-Dynastie und eine der  vorhergehenden Dynastie der Sayyiden.
Die Gebäude waren kostenfrei zu besichtigen. Sie machten einen leicht verwahrlosten Eindruck. Seit einigen Jahren läuft jedoch ein Projekt zur Konservierung der Grabmäler. Die Gebäude waren früher größtenteils außen gefliest, wie man es von Moscheen und ähnlichen Gebäuden der islamischen Welt kennt. Von diesen Fliesen sind heute nur noch kleine Reste übriggeblieben.

Das Seesh Gumbad ist ein Mausoleum, welches im mittleren Teil des Parks nördlich vom größeren Gebäudekomplex der Bara Moschee und des Mausoleums Bara Gumbad liegt. Dieses Grabmal ist wahrscheinlich während der Herrschaft des Sultans Sikandar Lodis (1489 - 1517) erbaut worden. In ihm befinden sich mehrere Gräber. Die dort Bestatteten sind nicht bekannt. Im Mausoleum befinden sich keine Gräber mehr. Es ist ebenfalls unbekannt, wer hier bestattet gewesen ist.




















Das Mausoleum Bara Gumbad ist mit der direkt angrenzenden Bara Moschee und dem Gästehaus der größte Gebäudekomplex im Lodi-Garten und in diesem zentral gelegen.
Das Grabmal soll in der gleichen Zeit wie das Sheesh Gumbad gebaut worden sein. Beide Gebäude sehen sich sehr ähnlich.


























Die Bara Moschee wurde - laut Inschrift - um 1494 errichtet. Auf dem Platz vor der Moschee befindet sich ein weiteres unbekanntes Grab. Auf dem Foto ist es mit Gras überwuchert.





























Die Halle der Moschee ist mit reichen arabesken Steinmetzarbeiten geschmückt. Die bunte florale Malerei ist mit Schriften aus dem Koran verwoben.









































Dies ist das Mausoleum von Mohammed Schah (1434-1444), des dritten Herrschers der Dynastie der Sayyiden. Dieses Mausoleum befindet sich im südwestlichen Teil des Gartens. Neben dem Grab Mohammed Schahs gibt es weitere sieben unbekannte Gräber im Mausoleum.








































Nachdem wir den Lodi-Garten verlassen hatten, gingen wir zum nahegelegenen Mausoleum des Safdarjangs. Die Grabanlage liegt in einem eigenen kleinen Garten, welcher durch Mauern und Gebäude nach außen hin abgeschlossen ist. Zentrales Bauwerk ist die Grabanlage, mit quadratischem Grundriss, welche von langen Wasserbecken flankiert wird.

Die Grabanlage wurde 1754 durch Nawab Shujauddaula, dem Sohn Safdarjangs erbaut.
Safdarjang bekleidete mehrere hohe Regierungsämter im Mogulreich. Er war der mächtigste Mann des Mogulreiches seiner Zeit. Aufgrund von innenpolitischen Konflikten u.a. mit dem Mogul-Herrscher Ahmad Schah ( 1748 - 1754 ), zog sich Safdarjang nach Oudh (= Awadh ) zurück. Safdarjang war Gouverneur dieser Region, welche im heutigen indischen Bundesstaat Uttar Pradesh lag. Safdarjang, mit vollem Namen Mirza Muqim Abul Mansur Khan, starb dort 1754 im Alter von 46 Jahren.
Das Mausoleum Safdarjangs ist das letzte größere Bauwerk des Mogulreiches, welches sich schon seit Anfang des 18.Jahrhunderts im Niedergang befand. 1858 beendeten die Briten das Mogulreich offiziell.













Für die Rückfahrt wurde ein öffentlicher Busse genommen. Ich stand im hinteren Teil des Busses, als eine Gruppe von ca. 6 oder 8 Frauen und Mädchen hereinstürmte. Die umzingelten mich regelrecht und bedrängten mich, als ob nicht genug Platz im Bus wäre. Auf einmal bemerkte ich, dass meine Bauchtasche halboffen war und eine Hand schnell zurückzuckte. Mit lauter und unfreundlicher Stimme sagte ich, dass sie Abstand halten sollen und trat aus ihrer Mitte. Die Frauen taten so, also sei überhaupt nichts geschehen.


Delhi Montag 16.08.2010
Morgens sind wir zum Flughafen gefahren, um nach meinem Gepäck zu schauen. Im Büro von Aeroflot machte mein Herz einen Freudenhüpfer als ich den blauen 70 Liter-Rucksack erblickte. Ich zückte den Gepäckschein, quittierte den Empfang und raus. Mit 20 Kilo auf dem Rücken aber deutlich erleichtert, machte ich mich mit den anderen auf den Weg zurück zum Hotel, da wir noch am gleichen Tag Delhi verlassen wollten. Im kleinen Reisebüro des Nachbarhotels Anoop kauften wir Tickets für einen modernen Reisebus mit Aircondition und Liegesitzen. Bei den herrschenden Temperaturen und der Länge der Nachtfahrt eine kluge Entscheidung.




Delhi -> Manali 16.-19.08.2010



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