Shimla -> Delhi 09.-12.09.2010 Die Rückfahrt nach Delhi erfolgte mit dem Zug. Zunächst ging es von Shimla nach Kalka mit der Schmalspurbahn "Kalka Shimla Railway". Auf der knapp 100 Kilometer langen Strecke gibt es 864 Brücken und 102 Tunnel, da die Strecke bergiges Gelände überwinden muss. Für diese relativ kurze Strecke braucht der Zug rund 5 1/2 Stunden. Man fährt dabei abwärts von 2076 m auf 656 m. Die seit 1903 betriebene Strecke gehört zum Weltkulturerbe. In Kalka stiegen wir auf einen normalen Schnellzug um, der für die ca. 250 km lange Strecke zwischen Kalka und Delhi (Stadtteil Rohilla) lediglich 6 Stunden braucht. Bald nach Kalka wird die Landschaft zusehends flacher und die letzten Ausläufer des Himalayas verlieren sich in der Ferne - wir durchfuhren den Bundesstaat Haryana. Delhi 10.09.2010 Zurück im Stadtteil Pahar Ganj mieteten wir uns zunächst wieder an der Main Bazar Road -diesmal im Hotel Anoop- ein. Vom Baustellendreck und dem allgemeinen Schmutz flüchtend, sind Kerstin und ich jedoch tags darauf in das RAK Hotel umgezogen, welches in einer Seitenstraße der Main Bazar Road liegt. Es bietet für 1000 Rupie leidlich saubere Zimmer ohne Baustelle, dass waren 300 Rupie mehr für ein Doppelzimmer mit Dusche und Klimaanlage als im Anoop. Umgerechnet sind das 5 Euro. Axel ist abends zu einer indischen Bekannten und ihrer Familie umgezogen. Tagsüber waren wir im Stadtteil Chandni Chowk ,im alten Teil Delhis, unterwegs. Zunächst ging es in einen Sikhtempel. Der Sikhismus ist eine monotheistische Religion, welche im 15. Jahrhundert in Indien entstanden ist. Sikhs begegneten uns auf der Reise hin und wieder. Sie fallen vor allem durch ihre kunstvoll gebundenen Turbane auf. In Indien leben derzeit ca. 19 Millionen Sikhs. Damit bilden sie die viert größte Religionsgemeinschaft nach dem Hinduismus, Islam und Christentum (siehe hier). Ursprungsregion der Sikhs ist der Punjab. Gemeint ist hier nicht der heutige indische Bundesstaat, sondern die größere Region, deren östlicher Teil in Pakistan liegt. Aufgrund ihrer Minderheitensituation sind die Sikhs oft der Verfolgung ausgesetzt gewesen. So schon unter dem Mogulherrscher Jahangir (Regierungszeit 1605 bis 1627), der sich durch große religiöse Intoleranz auszeichnete. Der letzte Höhepunkt der Verfolgung von Sikhs wurde 1984 erreicht, als indische Regierungstruppen den Sikhtempel Harimandir Sahib in Amritsar stürmten. Grund hierfür waren zunehmend radikale Forderungen der Sikhs nach weitgehender Autonomie des indischen Punjab und einer größeren Religionsfreiheit. Als Racheakt wurde im gleichen Jahr Indira Gandhi von zwei ihrer Sikh-Leibgardisten erschossen. Daraufhin kam es zu Ausschreitungen gegen Sikhs, bei denen zehntausende starben. Oben genannte Verfolgung, sowie die im 20.Jahrhundert veranlasste viele Sikhs Indien zu verlassen. So leben heutzutage Sikhs unter anderem in Nordamerika und in England. Viele Sikhs gehören zu den wirtschaftlich erfolgreichen Teilen der indischen Gesellschaft. Neben politischen und religiösen Unterschieden zur hinduistischen Mehrheit dürfte dies ein Moment sein, um gegen Sikhs Front zu machen. Besonders in einem Land wie Indien, mit so extremen sozialen Verwerfungen. Nach diesen Unruhen entspannte sich die Situation der Sikhs wieder. So wurde 2004 der Wirtschaftswissenschaftler Manmohan Singh als erster Sikh zum Ministerpräsident Indiens ernannt. Der Sikhtempel (Gurdwara) Sri Guru Sis Ganj Sahib liegt an der Straße Chandi Chowk, welche den gleichen Namen wie das Viertel trägt. Der Gurdwara wurde an der Stelle errichtet, an welcher 1675 der Sikh-Guru Tegh Bahadur enthauptet worden sein soll. Der Guru hatte sich geweigert, der Aufforderung des Mogulherrschers Aurangazeb zu folgen und zum Islam zu konvertieren. Das Wesen der religiösen Führerschaft durch Gurus war besonders in der Frühzeit des Sikhismus eines seiner wesentlichen Elemente. Im Gegensatz zu den meisten Religionen in Indien erlauben die Sikhs in ihren Tempeln das Fotografieren. Unweit des Sikh-Tempels liegt an der Straße Chandi Chowk, vis-a-vis des Lahore Tores des Roten Forts, der Jain Tempel Shri Digambar Jain Lal Mandir. Äußerlich erinnert er an den hinduistischen Tempel Lakshmi Narayan Mandir, welchen wir am Anfang unser Reise besuchten. Auch die Religion des Jainismus hat mit dem Hinduismus Ähnlichkeiten, stammt sie doch vom Brahmanismus ab, welcher der Vorgänger des Hinduismus ist. Damit ist sie deutlich älter; ihre Entstehung wird auf das 6. bis 5.Jahrhundert vor unserer Zeit geschätzt. Wie im Sikhismus gibt es auch hier geistige Führer -sogenannte Tirthankara- , die vor einigen Jahrhunderten lebten und die Entstehung initiierten und maßgeblich beeinflussten. Die Existenz der wenigsten von ihnen ist allerdings nachweisbar. Die wichtigsten Prinzipien des Jainismus sind Gewaltlosigkeit, Ablehnung von unnötigem Besitz und Wahrhaftigkeit. Aufgrund dieser beschränkenden Prinzipien hat der Jainismus in Indien weniger Anhänger als der Sikhismus und Buddhismus. Die Gründung des Tempels fand in der Herrscherzeit Shah Jahans (1628-1658) statt. Der Großmogul erlaubte Jains, die im Bankgewerbe tätig waren, sich in der Stadt niederzulassen und einen Tempel zu errichten. Das Bank- und Handelsgewerbe ist auch heute noch eines der Berufsfelder, welches ein Jain mit seiner Religion in Einklang bringen kann. Anschließend wollten wir noch die ebenfalls nahegelegene Moschee Jama Masjid besuchen. Diese war aber wegen des Festes des Fastenbrechens, als dem Ende des Ramadan, für Besucher gesperrt. Die Jama Masjid ist nicht die einzige Moschee in Chandi Chowk, aber sie ist die historisch wohl interessanteste und Indiens größte Moschee. Ihr Bau fand im gleichen Zeitraum wie der Bau des Jain Tempels Shri Digambar Jain Lal Mandir statt. Entsprechend der Anzahl der Moscheen ist auch der Anteil der Mohammedaner im alten Teil von Delhi traditionell hoch. Am darauf folgenden Wochenende wurde vor der Jama Masjid auf einen Bus mit taiwanesischen Touristen geschossen. Zwei Taiwanesen sind dabei verletzt worden. Die zwei Täter waren mit einem Motorrad unterwegs. Die Täter werden der Terrorgruppe "Indian Mujahedin" zugerechnet. Hierfür spricht eine Bekenner-Mail und das Datum, bei dem vor 2 Jahren auf den Tag genau der indischen Polizei ein erfolgreicher Schlag gegen die Terroristen-Gruppe "Indian Mujahedin" gelang. Bei dieser Polizeiaktion wurde ein Terrorist getötet und weitere wurden verhaftet. Indian Mujahedin sind vor allem durch ihre Bombenattentate gegen Unschuldige zu zweifelhafter Berühmtheit gelangt. Am Samstag -dem Tag vor unserer Abreise- besuchten Kerstin und ich nochmal das alte Delhi. Wir wollten uns mit Axel, seiner Bekannte und Familie vor dem Roten Fort treffen. Dies klappte nicht, da der Fahrer, welchen sie für den ganzen Tag gemietet hatten, sich weigerte zum Roten Fort zu fahren. Hierfür gab er Verkehrsgründe an. Am frühen Nachmittag kehrten wir nach Pahar Ganj zurück, nachdem wir umsonst vor dem Lahore Tor des Roten Forts gewartet hatten. Dort gingen wir durch die Gassen, welche abseits von der Main Bazar Road liegen. Dies ist empfehlenswert, da es dort nicht so touristisch ist. Am frühen Morgen brachte uns ein Taxi zum Flughafen und es galt Abschied zu nehmen von einem faszinierenden Land, von dem wir noch zu wenig gesehen hatten. Kalpa -> Shimla 07.-09.09.2010 |