Kibber <-> Kaza 29.08 -
02.09.2010
Nachdem wir auf der Kanamo gewesen waren, trennten sich für eine
Zeit unsere Wege. Axel verließ Kibber. Kerstin und ich blieben
noch dort, um einen weiteren 5000er zu erwandern. Die
ursprüngliche Idee, gemeinsam einen Maultiertreck zu machen,
hatten
wir wegen Kerstins Diarrhoe fallengelassen. Sie war zwar schon
gesundet, aber wir wollten einen Rückfall, weit von
ärztlicher Hilfe entfernt, nicht riskieren. Zumal ein
Maultiertreck strapaziös ist und hygienische Mängel birgt.
Kibber <-> Kaza 30.08.2010
Mit dem Morgenbus fuhren wir gemeinsam nach Kaza. Axel
übernachtete im Guesthouse Kunzaum, wo wir einen Teil unserer
Sachen deponiert hatten. Wir holten von dort einiges und machten ein
paar Erledigungen in der Stadt, bevor mit dem Abendbus wieder hoch nach
Kibber fuhren.
Kibber (und oberhalb) 31.08.2010
Auf den bekannten Pfaden trugen Kerstin und ich das Zelt wieder an
dieselbe Stelle, die uns schon bei der Besteigung der Kanamo als
Basecamp diente. Hier wollten wir einmal übernachten und von dort
einen der namenlosen 5000er machen. Auf dem ersten Teil der Strecke
begleitete uns eine Schwedin, die schon mehrere Monate durch Indien
reiste. Nach einer persönlichen Krise, die sie zuhause erlebt
hatte, wollte sie ihre Indien-Reise nutzen, um zu sich selber zu
finden. Sie hatte gerade am Anfang ihrer Reise viele Erkrankungen
durchgemacht, die Kerstins Erkrankung fraglos in den Schatten stellten.
Die Schwedin hatten wir im Vortag im Abendbus kennengelernt. Ich
unterhielt mich in diesem mit drei Malayinnen, die sich auf einer
lediglich einwöchigen Reise in Indien befanden. Zum einen ist die
Flugverbindung zwischen Malaysia und Indien deutlich kürzer, als
die nach Europa, zum anderen haben sie grundsätzlich weniger
Urlaub in ihrem Land.
Auf einmal fing ein Exil-Tibeter hinten im Bus an zu zetern, dass er
Chinesen und Malayen nicht leiden könne. Offenbar war der gute
Mann nicht in der Lage, zwischen der Politik eines Landes und seinen
Bewohnern zu unterscheiden. Bei China kommt noch hinzu, dass sich die
Repressionen der chinesischen Regierung gegen Tibeter nicht auf diese
beschränken. Auch Chinesen selber müssen unter diesen
Repressionen leiden. Diese waren zur Zeit der Kulturrevolution
besonders
stark. In Tibet wurden dabei Klöster zerstört, da man diese
als Orte des Widerstandes gegen die chinesische Regierung und des
religiösen Aberglaubens identifizierte. Mit dieser
Einschätzung hatte man sicherlich recht. Mittlerweile ist es
jedoch so, dass Klöster wieder aufgebaut wurden und das Leben in
dem tibetischen Teil Chinas friedlicher geworden ist.
Der Exil-Tibeter übte sich jedoch weiter in nationalistischen
Hasstiraden, bis mir die Idee kam, den Besuch des Dalai Lamas in Manali
Mitte August zu erwähnen, um den Tibeter milder zu stimmen.
Zufälligerweise hatte die Schwedin auch einer Audienz des "Ozeans
der Weisheit" beigewohnt und schnell waren beide, im Gespräch
über sein religiöses Oberhaupt vertieft.
Es ist schon bemerkenswert, was für streitbare, ja fanatische
Untertanen ein Friedensnobelpreisträger haben kann. Aber seit
Obama dürfte wohl auch den unaufmerksamsten Zeitgenossen
aufgefallen sein, dass dieser Nobelpreis sich nicht nach der
Friedlichkeit der Untergebenen des Auserkorenen bzw. der Art des
Einflusses ihrer Führer vergeben wird.
Am Abend stiegen die Malayinnen und die Schwedin auch im Guesthouse
Sergon ab. Auch hier lauerte -zumindest für eine von ihnen- ein
neues Ungemach und zwar für die, welche sich übergeben
musste. Hierfür war die mangelnde Höhenanpassung der Grund,
welche nicht innerhalb einer Woche zu erreichen ist. Immerhin liegt
Kibber auf über 4000 Metern.
Auf dem Weg zum geplanten Zeltlager ging es
vorbei an Erbsenpflückern. Die Ernte lag in den letzten Zügen
und die Laster brachten das Grünzeug - wie schon die Äpfel-
in teilweise weit entfernte Orte wie Delhi.
Wir passierten wieder den Speichersee, der am
nächsten Tag komplett entleert sein sollte.
Der bekannte Zeltplatz auf ca. 4821 m.
Dort übernachteten wir, um am
nächsten Tag den namenlosen 5000er zu besteigen, der oberhalb im
Süden des Basecamps steht.
Die 5000er im Gebiet von Kibber sind meist leicht zu besteigen.
Wären nicht ihre Dimensionen, so könnte man sie z.B. mit den
Flyschbergen des Allgäus vergleichen. Teilweise langgezogene
sanfte Höhenzüge, oft bis oben hin begrünt. Allein hier
spärlicher. Auch geologisch von einer gewissen Ähnlichkeit,
da sich hier wie dort ein Meeresgrund in die Höhe geschoben hat.
Kibber (und oberhalb) 01.09.2010
Am nächsten Morgen -die Temperaturen waren noch erträglich
kühl, bevor es am Mittag deutlich wärmer wurde- stiegen wir
über den Nordostgrat auf den Berg, dessen höchster Punkt auf
ca.
5140 m bei bei N 32°20'29.3'' E 78°03'4.8'' liegt. Irgendwo um
die 5000m entdeckten wir eine Stelle, an welcher Fossilien zutage
treten. Innerhalb weniger Minuten fanden wir die versteinerten Reste
der Gehäuse von drei Ammoniten. Diese Meeresbewohner
bevölkerten einst zu Millionen den Meeresboden, bevor sie im
Übergang von der Kreidezeit zum Tertiär ausstarben. Diese
Weichtiere lebten in schneckenartigen Häusern, welche einer eng
geschlungen Spirale gleichen. Das größte bisher gefundene
Haus misst 180 cm im Durchmesser (Fundort: Ruhrgebiet). Heutige
Nachfahren dieser Urtiere sind die sogenannten Perlboote. Aber diese
sind - im Gegensatz zu ihren Vorfahren - im Artenreichtum
erheblich geringer.
Nach ca. 2 1/2 Stunden erreichten wir den
Gipfel, welcher u.a. eine gute Aussicht auf die Südseite der
Kanamo bietet.
Der Abstieg erfolgte über die Nordwesthänge, die mit ihrem
teilweise lockeren, kleinkörnigen Geröll ein schnelles
Abfahren erlauben.
Beim Abstieg stieß ich auf eines der
wenigen Säugetiere. Das Wiesel rannte mehrmals in einem Halbkreis
in einem Abstand von ca. 6 bis 8 Metern voller Neugier, schnell um mich
herum.
Wir warteten mit dem Abstieg nach Kibber auf
die kühleren Stunden des Spätnachmittages. Zu dieser
vorgerückten Tageszeit brachen wir unser Zelt ab und nahmen
Abschied von diesem schönen Teil des indischen Himalayas.
Kibber <->
Kanamo 28.-29.08.2010
Kibber -> Kaza
02.-03.09.2010
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