Nachdem Zoltan vom Ehrenberger Bahnhof aus zur Arbeit
fuhr, ging es für Kerstin und mich durch das Pustertal nach
Toblach. Hier zweigt das Höllensteintal Richtung Süden ab.
Bei Schluderbach bogen wir in Richtung Cortina d'Ampezzo ab.
Kurz nach dem Pass Cimabanche (Im Gemärk) kam am Eingang des
Gotrestals auf der rechten Seite ein Parkplatz. Wir blieben
vorerst noch in den Pragser Dolomiten (Einteilungen
der Dolomiten ).
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An den Parkplatz
grenzt eine nicht mehr genutzte Kaserne. Die militärische
Anlage ist nicht in den Wanderkarten [1, 3 und 4]
eingezeichnet. In den Karten ist der Bereich als Rufreddo
bezeichnet. Da die Kaserne nicht durch Schaumann erwähnt
wird, kann man wohl davon ausgehen, dass sie nach den
1.Weltkrieg errichtet wurde.
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Vom Parkplatz führt
eine alte Militärstraße in das Gotrestal, die 1915-16
ausgebaut wurde [5 S.297]. Bald kam der Monte Cadin [5 S.301
u.a.], [1] in Sicht, welcher in den neueren Karten [3], [4]
auch Croda de R'Ancona 2366m genannt wird. Hier befanden
sich k.u.k. Höhenstellungen, wie auch auf den angrenzenden
Zuoghe 2053m und Ciadenes 2041m, die ebenfalls südlich
an der Militärstraße liegen. Beim Näherkommen werden Reste
von Stellungen auf der Nordseite der Croda de R'Ancona
sichtbar.
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Vom Lerosa-Sattel
2020m kann man talauswärts in der Ferne links die Drei
Zinnen erkennen, welche von hier aus gesehen so
hintereinander stehen , dass sie wie ein Berg wirken.
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In diesem Bereich lag
ein großes Lager, aus welchem die Höhenstellungen versorgt
wurden und schwere Batteriestellungen, deren eingesunkene
Deckungen heute noch sichtbar sind. Vor diesen liegt ein
aufgelassener Soldatenfriedhof, auf dem auch Angehörige des
Deutschen Alpenkorps begraben waren [5 S. 297]. Wie auch bei
vielen anderen der rund 48 kleineren Frontfriedhöfe um
Cortina d' Ampezzo, wurden die Toten nach dem Krieg auf
offizielle Friedhöfe umgebettet. Damit wurde eine spezielle
Totenpolizei beauftragt, die im Herbst 1920 in den Bergen
der Ampezzaner Dolomiten ihre grausige Aufgabe durchführte.
Neben den Leichen von wilden Friedhöfen, wurden auch die
noch nicht bestatteten, aus teilweise entlegenen und schwer
zugänglichen Stellungen geborgen. [7 S.158].
Besonders in den ersten Monaten nach der Kriegserklärung
Italiens an Österreich-Ungarn kamen Deutsche den k.u.k.
Truppen zu Hilfe, welche erst nach und nach an der
Südwestfront verstärkt wurden. Kaiser Wilhelm hatte schon in
den Wochen vor dem 1.Weltkrieg Kaiser Franz Joseph die
Bündnistreue des Deutschen Reiches zugestanden. Vor dem
Kriegseintritt Italiens fand ein diplomatisches Tauziehen
zwischen Österreich-Ungarn und Italien statt, welches sich
monatelang erfolglos hinzog. Italien stellte
Gebietsforderungen an Österreich-Ungarn, so z.B. auf das
italienischsprachige Trentino. Kaiser Franz Joseph, soll
darafhin erklärt haben, dass er lieber abdanken wolle, als
das Trentino herzugeben [6 S.216]. Italien lehnte es auch
ab, seiner Bündispflicht im Dreibund
nachzukommen und erklärte sich bald nach Kriegsbeginn als
neutral. Außerdem nahm es Geheimverhandlungen mit der
Entente in London auf. Die Ententemächte gestanden Italien
neben dem Trentino unter anderem auch Triest und Tirol bis
an den Brenner zu [6 S.216ff]. Abgesehen davon, bot sich
Italien als Mittelmacht die einmalige Chance mit zu helfen,
dem großen Österreich-Ungarn einen entscheidenen
militärischen Schlag zu versetzen und damit einen
bedrohlichen Nachbarn vielleicht für lange Zeit so zu
schwächen, dass er für Italien ungefährlich blieb.
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Über die weiten
Grasflächen der Lerosa-Alm, ging es vorbei an den
Alm-Gebäuden zum Hochtal Montesela, dessen Eingang oben
hinter den Bäumen liegt.
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Am Eingang dieses
Hochtals steht die alte Biwakschachtel Helbig Dall' Oglio
2253m. Auf dem Foto auf der grasigen Kante links von der
Bildmitte als kleiner grauer Block erkennbar, unterhalb des
Monte Geralbes 2456m.
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Die Biwakschachtel
wird nicht mehr bewartet, wie an den ausgegrauten Wegzeichen
zu erkennen ist. Es befinden sich nur ein paar Stühle im
Inneren. Weder Betten noch einen Tisch gibt es. Die
Biwakschachtel gehört dem CAI Cortina.
Sie diente ehemals als Stützpunkt für die Besteigung der
umliegenden Gipfel, wurde aber aufgrund der Schwierigkeit
der Routen nicht oft besucht. Da das Biwak im Naturpark der
Ampezzaner Dolomiten liegt, rückten Gründe des Naturschutzes
in den Vordergrund und man hatte sich entschlossen, das
Biwak zu deaktivieren, aber für Notfälle stehen- zulassen.
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Das Montesela-Tal ist
einsam und karg. Die abweisenden Wände der Kleinen und Hohen
Gaisl (Croda Rossa) steigen steil aus dem Geröll.
Mit Regen und Gewitter verschlechertete sich das Wetter
gegen Abend. Dabei fing es an etwas durch das Dach der alten
Biwakschachtel zu tropfen.
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Abend auf dem Biwak Helbig
Dall' Oglio. Blick Richtung Süden. Links die Croda De
R'Ancona und rechts daneben, weiter hinten die Nordseite der
Tofanen.
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In den nächsten Tagen
sahen wir uns die Stellungen auf dem Zuoghe 2053m an -dem
kleinsten Gipfel mit Stellungen im Bereich des Gotres-Tals.
Der Berg ist voll von Stellungsresten und Kriegsschrott. Er
flankiert den Taleingang des Gotres-Tals Richtung Osten. Er
lag in Reichweite der italienischen Geschütze, der in Süden
liegenden Christallo-Gruppe und dem Val Granda. Laufgräben
und schmale Patroullienwege sind teilweise immer noch
begehbar. Auf dem Foto die typische Zickzacklinie eines
Laufgrabens. Der Zickzack-Verlauf sollte vor den Splittern
eines den Graben treffenden Geschosses schützen.
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Einige der alten
Kriegspfade, wie dieser in der Südwand des Zuoghe, sind
gefährlich ausgesetzt. Vor allem wenn man bedenkt, dass sie
teilweise nur im Dunkeln benutzt werden konnten, da sie in
Schußweite des Gegners lagen.
Im Hintergrund das Pomagnon-Tal. Dieses Hochtal ist ein
Seitental des Val Granda. Links davor liegt der
bewaldete nördliche Rücken des Col di Stomb 2169m, auf dem
sich ebenfalls italienische Stellungen befanden, die ca.
3000 m vom Zuoghe entfernt waren. Diese Distanz konnte
problemlos von den damaligen Gebirgsgeschützen überwunden
werden. So hatte z.B. das italienische Gebirgsgeschütz
70a eine maximale Reichweite von 6620m. |
Es war daher
erforderlich, entsprechende Schutzmaßnahmen und Deckungen
anzulegen, zumal der Gipfel des Zuoghe eine flache Kuppe
hat, die wenig natürliche Deckung bietet. So z.B.Brustwehren
aus Beton ...
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... oder Kavernen.
Allerdings bieten auch sie nur einen bedingten Schutz gegen
Schrapnelle oder Volltreffer. Besonders wenn ihre Öffnungen
-wie in diesem Fall auf den Vecio del Forame 2866m- direkt
auf die gegenerischen Linien zeigen.
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Das Ende eines
Schrapnells sieht man im linken Bildteil. Es hat sich
unmittelbar nach der Detonation tief in den festen Schotter
gebohrt. Nachdem es ausgegraben ist, wird die ganze Länge
sichtbar. Man kann sich vorstellen, mit welcher Wucht es
einschlug. Es wundert jedoch nicht mehr, wenn man bedenkt,
dass das Geschoß -welches z.B. mit einer Kanone 70a
verschossen wurde- eine Austrittsgeschwindigkeit von ca. 353
m/s = 1270.8 km/h hat. Dazu kommt die Detonation am Ziel,
welche das Geschoß zerreist.
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Besseren Schutz gegen
Beschuß boten Stollensysteme. Ein solches wurde unter dem
Gipfel des Zuoghe angelegt, aber nie komplett
fertiggestellt. Der Eingang befindet sich auf der Nordseite
des Gipfels und die Stollen führen teilweise bis auf die
Südseite des Zuoghe.
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Am 13.07.12 mieteten wir ein Zimmer auf dem Campingplatz
Sass Dlacia nördlich des Val Parola Passes. Seit Tagen
regnete es immer wieder und Gewitter schränkten den
Aktionsradius ein. Von dort unternahmen wir einen ersten
Ausflug in das Travenazastal,
welches der zentrale Ort des 3.Teils der Reise war.
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